Agiles Management zum Frühstück, OKR zu Mittag und reCREATIONS am Abend

Im Mai 2017 schrieb ich einen Blogbeitrag über unsere ersten Erfahrungen im agilen Management, die wir im Rahmen des Wiener IT-Unternehmerfrühstücks dort präsentierten. Der Titel des Beitrags lautete deswegen "Agiles Management zum Frühstück".

Etwas mehr als drei Jahre danach haben wir unsere Erfahrungen um so viele Facetten erweitern können und so nehme ich den alten Artikel heraus und aktualisiere am Ende um diese.

Rückblick

Wie führt man ein dynamisches Unternehmen in einer dynamischen Branche?

Beim 34. Wiener IT-Unternehmerfrühstück zeigte mein Geschäftsführerkollege Gerhard Hipfinger bei der openForce GesmbH wie in unserem Softwareprojektunternehmen agiles Management eingeführt wurde und welche Erfahrungen wir damit gemacht haben.

Die Herausforderung

Unser 30 Personen Unternehmen entwickelt softwarezentrierte Individualprodukte für seine Kunden. Dabei gilt es stets das beste aus den aktuellen Möglichkeiten für unsere Kunden herauszuholen und das in möglichst kurzer Zeit. Die hohe Dynamik ist Teil des Geschäftsmodells. Time-to-Market ist der Schlüsselfaktor für viele Unternehmen. Die Projekte erfordern also ganze Aufmerksamkeit und so opfern wir immer wieder die strategische Unternehmensentwicklung dem operativen Druck.

Wir halten zwar Strategieklausuren ab, aber in dem genanntem Umfeld bleibt es oftmals bei den guten Vorsätzen und die umgesetzten Schritte bleiben Stückwerk. So laufen wir mittelfristig Gefahr, unser Unternehmen zu vernachlässigen. Grund genug nach besseren Möglichkeiten zu suchen, um kontinuierlich strategisch arbeiten und Erfolge erzielen zu können.

Die Lösung

Die Lösung lag für uns nah: Agiles Management. In Softwareprojekten werden komplexe Anforderungen in kleine Teile zerlegt, diese in festen Intervallen (Sprints) kontinuierlich entwickelt und am Ende eines solchen Sprints wird das Produkt neu zusammengebaut und zu diesem Artefakt vom Auftraggeber Feedback eingeholt. Darauf basierend erfolgt danach die Planung des nächsten Sprints und der nächsten Schritte. Wieso also nicht jenes Verfahren, mit dem man in den Softwareprojekten so gute Erfahrungen hatte, auch im Unternehmensmanagement einzusetzen?

Wie funktioniert’s?

Drei mal die Woche sitzen wir beide Eigentümer-Geschäftsführer für jeweils zwei Stunden zusammen und arbeiten am Unternehmen.

Folgende Regeln gelten:

  • Die Meetings sind drei mal wöchentlich fix im Kalender eingetragen. Sie sind timeboxed und werden nicht verschoben oder abgesagt.
  • Ein Sprint dauert vier Wochen, davor gibt es jeweils ein Planungsmeeting, danach eine Retrospektive.
  • Nach einem Sprint muss das Unternehmen anders (besser) aussehen als davor. Der Nachweis erfolgt über eine Scorecard und die Retrospektive bezieht sicht immer auf genau diesen Entwicklungsschritt.

Zur Unterstützung holten wir uns eine Mitarbeiterin, die über Ausbildung und Erfahrung in der Organisationsentwicklung verfügt und die erreichten Ergebnisse dokumentiert und in das Management System einordnet. Sie sorgt dafür, dass wir uns in den timeboxed Sessions auf die Entwicklung des Unternehmens selbst konzentrieren können. Zudem arbeiten wir entlang der ISO 9001:2015, die in der aktuellen Version nun auch für wissenbasierte Unternehmen geeignet ist.

Unser Ergebnis

Wir haben in kurzer Zeit unser sporadisches Unternehmensmanagement auf ein Verfahren umgestellt, in dem in fixen Intervallen effektiv und zielorientiert am Unternehmen gearbeitet wird. Der Clou sind die knappen und festen Intervalle, das sorgt für Fokus. Mit jedem Schritt erhalten wir ein Ergebnis, das wir hinterfragen und weiter verbessern können. Die Erfahrungen in den ersten drei Monaten sind sehr positiv und inspirierend.

Update 2020

Das Geschäftsführer-Team wurde im Herbst 2017 in ein fünfköpfiges Management Team erweitert, das gemeinsam die jeweiligen strategischen Teilschritte plante und umsetzte, und zwar - wie vorher jeweils in Sprints organisiert. So organisierten wir die strategischen Arbeit nicht nur in der Geschäftsleitung alleine, sondern konnten wir die Verantwortung am Unternehmen auf mehrere Schultern verteilen. Die Erfahrungen damit waren ausgezeichnet und die Ergebnisse kamen großteils wie geplant am Ende des Sprints an.

Im Laufe der Zeit entdeckten wir, dass wir zwar eine sehr effiziente Organisation geschaffen hatten, um Vorhaben schnell und sicher umzusetzen, dass wir dabei aber auch mal gern das Große und Ganze aus den Augen verloren und nicht alle Aktivitäten am selben roten Faden entlang liefen. Also machten wir uns auf die Suche nach einem geeignetem Verfahren, das unsere Aktivitäten einerseits effektiv weiterlaufen lassen konnte, aber andererseits oben darüber einen strategischen, roten Faden legen konnte. Und hier entdeckten wir das OKR Verfahren von Google, also Objecitve and Key Results.

Bei OKR geht es darum, strategische Vorhaben im Unternehmen (Objecvtives) festzulegen und deren Erfüllung an die Umsetzung von SMART messbaren Ergebnissen (Key Results) zu binden. Das umgesetzte Key Result fungiert als Nachweis der erfolgreichen Strategieumsetzung.

Die Arbeit an den Key Results legten wir in unser Agiles Management und damit hatten wir großen Erfolg!

Wie es weiter geht

OKR und agiles Management sind eine so starke Kombination, dass wir in der openFORCE die gesamte Unternehmensführung darauf aufbauen. Im nächsten Schritt verteilen wir die Verantwortung nun noch weiter, auf alle Schultern sozusagen. Unser Schritt in die komplette Selbstorganisation soll uns zukunftssicher machen.

Mit unserer Organisationsentwicklerin Maja Francé arbeiten wir unter dem Titel "reCREATION" daran, das Unternehmen Stück für die Stück in die Selbstorganisation zu führen. Am Ende sollen alle Key Results aus dem OKR nicht mehr im Management Team landen, sondern in der gesamten openFORCE umgesetzt werden. Das ist ein großes Vorhaben und wir haben uns bewusst Zeit dafür genommen. Wir starteten mit den einfachen Themen, wie Urlaubsfreigaben oder Stellenbesetzungen, und wir nehmen uns nun sukzessive komplexere Bereich vor, wie etwa derzeit das Thema Budget und Finanzentscheidungen.

Welche weiteren Erfahrungen wir damit auch haben werden, wir teilen sie gerne, besonders mit der IT-Unternehmerfrückstück-Runde. Das IT-Unternehmerfrühstück ist eine Initiative der Gruppe mittelständischer Unternehmer und Unternehmerinnen in Xing und Linkedin und wird in Frankfurt, München, Karlsruhe und Wien abgehalten.

Das nächste IT-Unternehmerfrühstück in Wien wird am 31. Juli 2020 im Hotel Imlauer stattfinden. Zielgruppe der offenen Runde sind Vorstände, Geschäftsführer und Entscheidungsträger in mittelständischen IT Unternehmen. Anmeldungen sind in der Xing Gruppe möglich.