Der Design Sprint ist ein großartiges Werkzeug aus dem Design Thinking mit dem Ziel, in wenigen Tagen von einer Problemstellung zu einem evaluierten Prototypen zu gelangen. Der Ablauf ist klar vorgegeben und weltweit sowohl als Präsenzworkshop als auch im Remote Setup tausendfach erprobt. Aber wie geht es mit den Ergebnissen weiter? Wie schafft man es die Motivation und den Drive aufrecht zu erhalten und in eine kontinuierliche Entwicklung mit zu nehmen? Die folgenden sechs Maßnahmen könnt ihr - und solltet ihr auch - sofort nach eurem Design Sprint umsetzen.

Wie verarbeitet man die Ergebnisse des Design Sprints optimal weiter?

Für die Lesemuffel unter euch kommt hier die Kurzfassung:

  • so schnell wie möglich weitermachen (lass die Energie nicht verpuffen!)
  • Ergebnisse konsolidieren und Feedback der Testuser einfließen lassen (bring Ordnung in die vielen gesammelten Daten!)
  • kritische Fragen und Technologien klären (prüfe, ob das Vorhaben so machbar ist!)
  • MVP/MMP definieren (überleg dir was die wichtigsten Dinge sind um auf den Markt zu gehen!)
  • plane das MVP/MMP und setze es in einem iterativen Ansatz um (mache kleine Schritte und evaluiere nach jedem Schritt das Ergebnis und den Plan!)
  • bringe das Produkt so schnell wie möglich auf den Markt (die Nutzer können dir am besten sagen was sie brauchen!)

Was ist eigentlich das Ergebnis des Design Sprints und was nicht?

Am Ende des Design Sprints hast du folgende Ergebnisse:

  • ein gemeinsames Verständnis für die Problemstellung
  • ein gemeinsames Verständnis für eine kundenzentrierte Lösung
  • einen Prototypen der Lösung
  • Feedback von Kunden zu der Lösung
  • Klarheit darüber, ob die Richtung stimmt oder ob der Ansatz verworfen werden sollte
  • eine Liste mit Fragen, die noch beantwortet werden müssen und Punkte, bei denen nachjustiert gehört
  • viel Tatendrang bei allen Beteiligten

Was du (wahrscheinlich) NICHT nach einem Design Sprint hast:

  • eine vollständig ausdefinierte Lösung
  • Klarheit, welche Technologie für die Umsetzung am besten geeignet ist
  • einen Plan für die Umsetzung

Warum sind die genannten Punkte kein Ergebnis? Der Fokus im Design Sprint liegt sehr stark darauf, die entscheidenden Fragen und den kritischen Pfad der fachlichen Lösung zu klären. Wenn du eine großartige Idee umsetzt, wirst du dich nicht als erstes mit einem Randthema beschäftigen, sondern mit der Kernidee. Gleiches gilt für die zu wählende Technologie. Diese ist in den meisten Fällen nur Mittel zum Zweck und wird nicht im Fokus deines Prototypen und deiner Usertests sein. (Es kann natürlich auch sein, dass die Technologie eine wesentliche Rolle spielt und daher auch näher betrachtet wird. Aber in der Regel geht es um Fachliches.)

... und hier die etwas ausführlichere Antwort

Bitte betrachte die folgenden Punkte nicht als starren, wasserfallartigen Ablauf. Wie immer gibt es Wechselwirkungen und es kann passieren, dass du wieder zurückspringen und eine Schleife drehen musst! Betrachte die Punkte eher als eine Liste mit Dingen, du die nicht vergessen solltest ;-)

1. So schnell wie möglich weitermachen

In der Regel sind die Teilnehmer nach dem Design Sprint sehr euphorisch. Sie haben sich gerade fast eine Woche intensiv mit einem Thema beschäftigt und ein großartiges Ergebnis erzielt. Die Testuser waren begeistert und freuen sich schon auf die Umsetzung in einem fertigen Produkt. Bei der Reflexion am Ende habe ich oft Sätze gehört wie: 'Am liebsten würde ich das gleich umsetzen'. Diese Energie solltest du aufrecht erhalten und in die Umsetzung mitnehmen. Wenn du zu lange damit wartest, werden die Erinnerungen langsam ungenau und die Energie geht verloren.

Außerdem wird ein großer zeitlicher Versatz zwischen Design Sprint und Umsetzung sich negativ auf die bereits getroffenen Entscheidungen auswirken! Einer der coolsten Effekte des DS ist, dass Themen die sich oft Wochen und Monate im Kreis drehen, methodisch in einer Woche zu einem sinnvollen Startpunkt geführt werden. Dabei werden oft harte Entscheidungen und Annahmen getroffen um zu einem Prototypen zu kommen. Als Agilist gefällt mir dieser Effekt besonders, weil keine Entscheidung zu treffen schnell teurer wird, als eine vielleicht nicht perfekte Entscheidung die man dann so schnell wie möglich praktisch evaluiert. Desto länger derartige Annahmen und Entscheidungen zurückliegen umso mehr gerät die Begründung deiner Entscheidungen in den Hintergrund und umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Diskussion wieder von vorne geführt wird.

Ein weiterer Grund wieso du schnell weitermachen solltest ist, dass die Testuser begeistert sind. Sie haben gerade einen Ausblick darauf bekommen, wie du ein bestehendes Problem für sie löst. Sie fühlen sich eingebunden und freuen sich auf Ergebnisse. Nutze diesen Effekt! Halte sie am Laufenden indem du sie zum Beispiel in deine Sprint Reviews einlädst und weiteres Feedback von ihnen einholst.

2. Ergebnisse konsolidieren und Feedback der Testuser einfließen lassen

Als ersten konkreten Schritt solltest du deine Ergebnisse durchgehen und konsolidieren. Egal ob du physisch oder remote gearbeitet hast, du blickst auf einen großen, wilden Haufen Informationen. Nimm dir zumindest nochmal 1-3 Stunden um alles durchzugehen und die wichtigsten Erkenntnisse, Entscheidungen und Annahmen kurz und knackig festzuhalten. Gehe auch das User Feedback durch. Betrachte es kritisch und überlege dir, welche Teile der Lösung gut angenommen wurden und welche es noch zu verbessern gilt.

Immer wenn eine kritische Frage aufpoppt, die noch nicht abgeklärt wurde, solltest du diese in einen Backlog aufnehmen, damit du sie im Anschluss sauber priorisieren, ausformulieren und abarbeiten kannst.

3. Kritische Fragen und Technologien klären

Du hast garantiert viele offene Themen. Sammle sie, priorisiere sie und überlege dir welche davon kritisch sind und welche du unterwegs im Detail ausarbeiten kannst. Überlege dir in diesem Schritt auch, welche Fragen du beim Design Sprint bewusst ausgeklammert hast und wie sie sich in die entstandene Lösung einfügen.

Je nachdem wie technisch dein Vorhaben ist, kann jetzt auch schon ein guter Punkt sein um über die Technologien nachzudenken. Im Idealfall werden Technologiefragen erst später vom Entwicklungsteam beantwortet und entschieden, aber bei einer sehr technologisch getriebenen Innovation kann diese Frage einen hohen Stellenwert haben. Falls bereits Annahmen diesbezüglich im Design Sprint getroffen wurden ist es ratsam, diese mit dem Entwicklungsteam abzuklären.

Es würde mich sehr wundern, wenn in dieser Phase keine PoCs, Spikes oder ähnliche Methoden um tiefer in bestimmte Themen einzutauchen anfallen. Führe diese so schnell wie möglich durch um Klarheit zu bekommen und das Risiko zu minimieren.

4. MVP/MMP definieren

Wie schon erwähnt, hast du im Design Sprint die Lösung nicht vollumfänglich betrachtet, sondern dich auf Teilaspekte und den kritischen Pfad fokussiert. Bevor du in die tatsächliche Umsetzung gehst, solltest du dir nochmal die kleinstmögliche verwendbare oder gar vermarktbare Lösung überlegen. Am besten eignet sich hier die Definition des Minimal Viable Products (MVP), also das minimale brauchbare Produkt oder des Minimal Marketable Produkt (MMP), also das minimal vermarktbare Produkt. Auch hier ist es nicht das Ziel, eine vollständig ausspezifizierte Dokumentation des Endproduktes zu erzeugen. Viel mehr gilt es ein klares Zielbild zu schaffen, auf dessen Basis man planen und in eine agile Entwicklung gehen kann.

5. Plane das MVP/MMP und setze es in einem iterativen Ansatz um

Ab hier empfehle ich natürlich einen agile Entwicklungsprozess z. B. anhand des Scrum Frameworks. Das MVP wird in kleine sinnvoll verwendbare Häppchen zerlegt und sukzessive umgesetzt. Jedes Häppchen wird dabei mit Nutzern evaluiert, um sich iterativ einer optimalen Lösung zu nähern. Wichtig dabei ist die verschiedenen Flughöhen im Auge zu behalten.

Die agile Vorgehensweise fokussiert sich sehr stark auf den nächsten konkreten Schritt. Oft wird dabei der Roadmap zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist in der agilen Arbeitsweise extrem wichtig, den ganzen Weg zum MVP zu planen. Der Unterschied zur klassischen Planung ist, dass einerseits der Plan nicht so detailliert gestaltet wird und andererseits der Plan nach jedem Sprint evaluiert und entsprechend angepasst wird.

Entscheidend ist die richtige Balance zwischen kleinen konkreten Schritten und Vorarbeit für spätere Schritte zu finden.

6. Bringe das Produkt so schnell wie möglich auf den Markt

Der Sinn der bereits genannten Punkten ist, dass du so schnell wie möglich ein brauchbares Produkt an den Kunden liefern kannst. Je schneller wir Feedback von echten Nutzern bekommen, desto schneller können wir reagieren und das Risiko, in eine falsche Richtung zu laufen oder sogar ein unnötiges Produkt zu entwickeln minimieren. Behalte das immer im Hinterkopf und beachte diesen Punkt auch bei der Planung des MMPs. Das MMP ist nicht fertig wenn es umgesetzt wurde, sondern wenn es veröffentlicht ist, echte Kunden es nutzen und du damit Geld verdienst ;-)

Fazit

Der Design Sprint und eine agile Umsetzung ergänzen sich optimal. Wer schon agil arbeitet und diese Herangehesweise gewohnt ist, wird wenig Schwierigkeiten haben, die Ergebnisse des Design Sprints zu verwerten. Wer damit noch nicht vertraut ist, sollte die Gelegenheit auf jeden Fall nutzen und die bereits genannten Maßnahmen auszuprobieren. Schließlich wäre es sehr schade, die Energie und den Boost eines Design Sprints in einem klassischen, wasserfallartigen Prozess verpuffen zu lassen!